Liebe, und dann tu, was du willst!

Bauch oder Kopf? In manchen Situationen im Leben tut sich zwischen den beiden ein Gegensatz auf. Das Gefühl sagt etwas anderes als der Kopf – der meist sinnbildlich für die Vernunft, für Regeln steht. 

Für Jesus gibt es diesen Gegensatz nicht. „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“ (Joh 14,15), prophezeit er seinen Jüngern. Er will Gefühl und Kopf vereinen und wer ihm wirklich folgen will, darf keines der beiden ausschalten.

Zwischen den Extremen

Da sind die einen, für die ihr Glaube ganz aus Liebe besteht. Sie sehen das Erlösungswerk Jesu als Geschenk, betonen die Freiheit der Christen und leben ganz in dieser Freiheit auf. Regeln gelten als veraltet. Man weiß sich von Gott geliebt, und alles andere ist unerheblich. Die Reaktionen der anderen Gläubigen oder gar der so genannten Amtskirche interessieren nicht. Es gibt aber auch die anderen; sie sind genau das Gegenteil. Sie klammern sich an Ge- und Verbote. Glauben, dass sie das Heil nur dann finden können, wenn sie alles richtig machen, wenn sie perfekt sind. Das Gebot, die innerkirchliche Regel, die Etikette muss gewahrt bleiben, koste es, was es wolle. Absolute Freiheit, die sich auf Liebe beruft, einerseits oder peinlich genaue Befolgung von Vorschriften andererseits – keiner der beiden Wege wird allein zum Heil führen.

Liebe sucht das Wohl des Nächsten

Wer Jesu Jünger sein weil, der braucht beides. Er wird sich an Gottes Gebote halten, wird Jesu Beispiel folgen, weil er den Herrn liebt. Wie echte menschliche Liebe immer nur das Wohl des Partners will, so wird auch christliche Liebe das Wohl suchen. Dieses Wohl erstreckt sich dann aber nicht mehr auf eine einzige Person oder eine Familie, es muss das Wohl aller Menschen sein, das angestrebt wird. Jesus ist gestorben und auferstanden, um der Menschheit das Heil zu bringen; wer sein Jünger, seine Jüngerin sein will, muss an diesem Ziel mitarbeiten.

Das Heil für Alle suchen

Wie der Weg beschritten werden kann, das hat Jesus in Wort und Beispiel gezeigt. Dabei geht es nicht um die Frage: Was darf ich, oder was muss ich? Wer auf Jesus vertraut und ihn liebt, der wird sich an seine Weisungen halten, nicht weil er muss, sondern weil er erkannt hat, dass nur sie zum Heil führen. Diese Weisungen engen nicht ein, sie schenken wahre Freiheit, weil sie auf das Heil aller Menschen ausgerichtet sind und nichts mehr mit egoistischen Bedürfnissen zu tun haben. Der hl. Augustinus hat es in dem Satz zusammengefasst: „Liebe, und dann tu, was du willst!“. Liebe und Gebote widersprechen sich dann nicht mehr. Sie sind die zwei Seiten der Medaille, sind Motivation und konkrete Handlung. Nur zusammengenommen können sie zum Wohl, zum Heil aller führen.

Aktueller denn je

Vielleicht kann das auch ein Weg in der momentanen Pandemie sein. Was ist angemessen, wie verhält man sich richtig? Strenge Regelbeachtung oder Freiheit des Einzelnen? Schutz um jeden Preis oder Lebensfreude mit allen Risiken? Auch hier kann der Rat des hl. Augustinus gelten: „Liebe, und dann tu, was du willst!“. Die Liebe fordert zum Guten heraus, die Gebote zeigen den Weg, einen Weg der nicht in Abhängigkeit, sondern in die wahre Freiheit führt. Eine Freiheit, die für alle gilt, eine Freiheit, die allen Beteiligten ein würdiges und relativ sicheres Leben ermöglicht, egal ob sie alt oder jung sind, zu einer Risikogruppe gehören oder nicht.

Autor: Christoph Heinemann OMI
Sprecherin: Christina Wilkes

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